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DIE JUNGEN ERWACHSENEN UND DER WEIN

  • Seit einigen Jahren macht sich eine neue Klientel junger, ernsthafter Menschen an den Ständen der Weinmessen bemerkbar. Diese neuen Kunden sind die Nachkommen der Generation der «Baby-Boomer», die als erste von hochwertigen Weinen profitierte. Sie haben einen immensen Wissensdurst, auch wenn ihre Haltung manchmal etwas zögerlich ist, und ihr Verhalten ist von Gruppe zu Gruppe oft sehr unterschiedlich. Aber ihre Einstellung ist immer die gleiche: Es geht nicht um den Rausch, sondern darum, zu lernen, wie man bewusst und kompetent Wein trinkt!
    Es gibt da einerseits die Version in der Gruppe. Ein Kreis von Freunden, von denen einer sich opfert, um die anderen sicher und gesund nach Hause zu fahren. Er bittet um ein Glas Wasser und beobachtet dann mit etwas neidischem Blick, wie seine Freunde sorgfältig und genüsslich den göttlichen Nektar kosten. Manchmal wird die Gruppe von einem Rudelführer angeführt. Oft ein Charismatiker oder ein Witzbold, manchmal fast ein Aufschneider, breitet er sein Wissen vor seinen Freunden aus, die sich anstrengen, die vom Meister improvisierten Aromabeschreibungen im Wein zu «fühlen». Die Mutigen wagen es, ihm zu widersprechen, die Schüchternen tauchen ihre Nase vorsichtig ins Glas und schnuppern. Es folgt in der Regel eine hitzige Diskussion, bei der natürlich jeder Recht haben will, bevor man sich gemeinsam an den Profi hinter dem Stand wendet, um eine Erklärung zu finden, die den Frieden in die Gruppe wiederherstellen kann. Die Gesichter entspannen sich, wenn der Fachmann erklärt, dass man beim Thema Wein nur dem eigenen Gaumen vertrauen kann und sich nicht von anderen beeinflussen lassen sollte. Da wird die Gruppe aufmerksam und horcht andächtig den Erklärungen des Profis. Und die Degustation, die echte, kann nun beginnen!

    Dann gibt es die Paarvariante. Diszipliniert und nachdenklich, haben sich beide sorgfältig auf die Degustation vorbereitet. Es hagelt Fragen. Das junge Paar ist eifrig und fleissig, es lässt sich durch nichts ablenken, von Zeit zu Zeit werfen die beiden sich einen besorgten Blick zu und suchen die Zustimmung des anderen. Die Diskussion konzentriert sich auf die technischen Aspekte, denn das junge Paar hat bereits einen Degustationskurs besucht. Es will mehr wissen. Wo wachsen die Trauben, wie wird der Wein ausgebaut, wie lange sollte er gelagert werden? Warum dekantieren?
    Und dann gibt es da noch die Kinder oder gar die Enkelkinder unserer langjährigen Kunden. Mit selbstbewusster Miene erzählen sie, was sie alles über die Kellerei wissen. Sie sind entspannt und wollen sich vom Wein vor allem verzaubern und verführen lassen. Während der Degustation erzählen sie, wie ihre Eltern und Grosseltern «diesen kleinen Weissen» einst entdeckten, der dann über Generationen in der Familie getrunken wurde. Ein Moment der absoluten Entspannung kündigt sich an.

    Junge Menschen machen gerne Entdeckungen, und sie haben Glück, denn das Angebot ist gross. Als Kinder der «Coca-Cola-Generation» ist ihr Gaumen jedoch an einen starken Zuckerkonsum gewöhnt und Schweizer Weine haben einen relativ hohen Säuregehalt, der ihnen eine schöne Frische und eine belebende Vitalität verleiht. Manchmal lässt sich die jüngere Generation daher durch diese Eigenschaft unserer Weine entmutigen. Aber die jungen Leute sind intelligent und wissen, sich anzupassen und zu verstehen. Es liegt an uns, sie zu führen!