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DER FENDANT – EIN WALLISER WEIN UND SEINE WAADTLÄNDER URSPRÜNGE

  • «Der Chasselas offenbart sich nur dem, der sich die Zeit nimmt, ihm zuzuhören. Er ist eine Einladung auf eine Reise, er erinnert an die Landschaft, aus der er kommt.» Diese Sätze aus einer Broschüre des Office des Vins Vaudois fassen den Charakter dieser ganz besonderen Rebsorte gut zusammen. Tatsächlich sind nur wenige Weine in der Lage, das Terroir, in dem sie wachsen, so authentisch wiederzugeben wie der Chasselas. Auf einem Kalksteinboden ist er eher mineralisch und lebhaft, auf einem Granitboden wird er dagegen fruchtig und ausdrucksstark sein.
    Viele Legenden ranken sich um den Ursprung der Chasselas-Rebe. Wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer in Ägypten entdeckten Rebsorte, der Fayoumi, wurde ihr lange Zeit ein orientalischer Ursprung nachgesagt. Dann wurde eine Verbindung mit der Türkei heraufbeschworen. Von dort soll im 16. Jahrhundert ein Botschafter des Königs Franz I einige Chasselas-Reben nach Frankreich mitgebracht haben, um in Fontainebleau das berühmte Weingut «Treille du Roy» zu bestocken. Das Weingut existiert zwar immer noch, aber wir wissen heute, dass die Chasselas-Rebe definitiv nicht aus der Türkei stammt. Vor rund zehn Jahren konnte der Walliser Genetiker und Ampelograph José Vouillamoz nach akribischen wissenschaftlichen Analysen beweisen, dass der Ursprung der Chasselas-Rebe im Waadtland liegt. Der Wissenschaftler begnügte sich nicht damit, die Pflanze genetisch zu untersuchen, er konsultierte auch historische Dokumente, von denen einige aus dem 14. Jahrhundert stammen und in denen eine Rebsorte mit dem Namen «Lausannois» oder «Luzannois» erwähnt wird. Und der Name «Fendant» bezeichnete im Kanton Waadt eine Rebsorte lange bevor sie im Wallis eingeführt wurde. Belegen lässt sich auch, dass im 19. Jahrhundert zahlreiche Waadtländer als Investoren im Walliser Weinbau tätig waren.
    Nach und nach gab man im Kanton Waadt den Namen «Fendant» zugunsten lokaler Bezeichnungen auf und «Fendant» wurde schliesslich ausschliesslich für Walliser Weine verwendet. Der Fendant ist eine besondere Traubensorte, deren reife Beeren sich durch leichten Fingerdruck ohne Auslaufen des Fruchtsaftes in Schale und Fruchtfleisch spalten lassen. Im Gegensatz dazu die «Giclet»-Traube, die aufplatzt und deren Fruchtsaft bei dieser Behandlung herausspritzt.

    Erst im Jahr 1966 erhielt der Fendant du Valais nach dreissig Jahren politischer und weinbaulicher Kontroversen seine geschützte Appellation.

    Obwohl sie sich im Geschmack unterscheiden, haben die Chasselasweine der beiden grössten Schweizer Weinbaukantone eines gemeinsam: den geselligen, gemeinschaftsstiftenden Charakter, der sich bei einem guten Glas dieses kostbaren Saftes einstellt

    08.09.2020

Famille Rouvinez